Zeitliche Beschränkung der staatlichen Förderung von Strom aus solarer Strahlungsenergie auf ehemaligen Ackerflächen nicht verfassungswidrig

Diese Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts befasst sich mit der EEG Umlage.

Das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG) enthält die Verpflichtung der Netzbetreiber, Strom aus Erneuerbaren Energien abzunehmen und in bestimmter Höhe zu vergüten. Durch dieses System wird die Erzeugung von Strom aus Solarstromanlagen von Seiten des Staates gefördert. Die Vergütung für Strom aus solarer Strahlungsenergie ist in § 32 EEG geregelt. Nach der bis zum 30. Juni 2010 geltenden Fassung bestand für Strom aus Solarstromanlagen auf früheren Ackerflächen eine Vergütungspflicht, wenn die Anlage vor dem 1. Januar 2015 errichtet worden war und sich auf Grünflächen befand, die zur Errichtung dieser Anlage im Bebauungsplan ausgewiesen waren. Zugunsten der Nutzung von Ackerflächen zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion wurde diese Förderung durch das Erste Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 11. August 2010 zeitlich beschränkt. Die Neufassung des § 32 EEG sieht eine Vergütungspflicht für Strom aus solarer Strahlungsenergie auf früheren Ackerflächen nur noch vor, wenn diese Flächen zur Errichtung einer solchen Anlage in einem vor dem 25. März 2010 beschlossenen Bebauungsplan ausgewiesen sind und die Anlage vor dem 1. Januar 2011 in Betrieb genommen wurde.

Die Antragstellerin ist ein im Bereich der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie tätiges Unternehmen. Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Aussetzung des Vollzugs der Neufassung des § 32 EEG macht sie geltend, diese verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes in Verbindung mit ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit bzw. allgemeine Handlungsfreiheit. Infolge der Gesetzesänderung könnten 24 von ihr begonnene Projekte für Solarparks auf früheren Ackerflächen nicht abgeschlossen werden, weil die Übergangsfristen nicht eingehalten werden könnten.

Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, weil eine von der Antragstellerin noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde auf der Grundlage ihres bisherigen Vorbringens offensichtlich unbegründet wäre.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

Der mit der Neuregelung einhergehende Eingriff in die Berufs- oder allgemeine Handlungsfreiheit der Antragstellerin verstößt nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

Dies gilt selbst dann, wenn die Neufassung des § 32 EEG für die Antragstellerin im Hinblick auf von ihr auf ehemaligen, aber bis zum 25. März 2010 noch nicht durch Bebauungsplan dafür ausgewiesenen Ackerflächen geplante Anlagen unechte Rückwirkung entfalten würde. Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. Die Grenzen ihrer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit sind erst überschritten, wenn sie zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen. Die allgemeine Erwartung des Bürgers, das geltende Recht werde unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt.

Der verfassungsrechtlich gewährleistete Vertrauensschutz steht der von der Antragstellerin beanstandeten Neuregelung nicht entgegen. Denn die Investitionen in Projekte auf ehemaligen Ackerflächen, für die zum 25. März 2010 noch nicht die bauplanungsrechtlichen Grundlagen geschaffen worden waren, beruhten auf einer ungesicherten Vertrauensgrundlage, da der Beschluss über die Aufstellung bzw. Änderung des Bebauungsplans noch ausstand.

Die Förderung durch die Vergütungspflicht hing schon nach der bisherigen Regelung von der Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans ab. Erst der Beschluss über den Bebauungsplan bot eine verlässliche Grundlage für Investitionen und infolgedessen für berechtigtes Vertrauen. Maßstab bei der Aufstellung und Änderung eines Bebauungsplans sind die städtebauliche Entwicklung und Ordnung, nicht die Interessen Einzelner an der baulichen Nutzbarkeit von Grundstücken. Es besteht daher kein Anspruch auf die Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans. Dieser wird von der Gemeinde unter Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander beschlossen, was dazu führen kann, dass ein Bebauungsplan für ein von einem Investor ins Auge gefasstes Vorhaben gerade auch angesichts vorrangiger naturschutzrechtlicher oder landwirtschaftlicher Belange nicht aufgestellt wird.

Die Neuregelung trifft somit potentielle Investoren in einer unter Vertrauensschutzgesichtspunkten ohnehin ungesicherten Situation. Die nunmehr eingeführte Befristung, die sich am Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan ausrichtet, belastet den Betroffenen nicht unangemessen und dient dem legitimen gesetzgeberischen Ziel, den künftigen Verbrauch von Freiflächen für Photovoltaikanlagen zum Schutz von Natur und Landschaft und zugunsten der Nahrungs- und Futtermittelproduktion effektiv zu begrenzen. Die Wahl des 25. März 2010 als Stichtag stellt einen von Verfassungs wegen nicht zu beanstandenden Kompromiss des Gesetzgebers zwischen der Berücksichtigung berechtigter Vertrauensschutzerwartungen der von der Befristung Betroffenen einerseits und dem legitimen Ziel, im Hinblick auf das Auslaufen der Altregelung zu erwartende Mitnahmeeffekte zu vermeiden, auf der anderen Seite dar.

1 BvQ 28/10

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